"Sonderbare Leute", murmelte Betty, als die zwei weg waren, "wer weiß, was sie mit den Geiern gemacht haben, dass die so böse auf sie sind."
"Richtig vertrauen können wir ihnen jedenfalls nicht", stimmte der Holzfäller zu.
"Wir hätten sie wenigstens um eine Lampe bitten sollen", murrte Jessica. "In dem dunklen Gang stoßen wir uns noch die Köpfe."
Aber zumindest diese Furcht war unbegründet. Leuchtsteine, wie es sie nur im Zauberland gab, lagen am Eingang, so dass jeder einen in die Hand nehmen und sich in seinem Glimmerschein einigermaßen orientieren konnte. Sogar Knacks schnappte sich einen Stein und trug ihn im Maul.
Im Berg war es trocken und staubig. Der Holzfäller hustete, der Scheuch musste ein ums andere Mal niesen, doch man kam gut voran. Nach einer Weile teilte sich der Gang und es war unklar, welche Richtung sie einschlagen sollten. Eine Gabelung hatten die beiden Männer nicht erwähnt.
"Ruht euch einen Augenblick aus, ich schau zunächst mal auf dieser Seite nach", schlug Knacks vor. "Ich bin schneller als ihr und gleich wieder zurück."
"In Ordnung, aber sei vorsichtig", willigte der Scheuch ein.
Der Hund nahm seinen Leuchtstein, den er beim Sprechen abgelegt hatte, wieder auf und rannte los. Doch schon nach wenigen Metern endete der Stollen in einer Höhle. Knacks wollte sie erkunden, war jedoch noch nicht einmal bis zur Mitte vorgedrungen, als sich ein Wirbelwind erhob, ihn erfasste und nicht mehr losließ. Er wurde herumgeschleudert, verlor den Leuchtstein und brach in ein klägliches Jaulen aus, das zu seinem Glück die Freunde herbeirief.
"Zu Hilfe, der Wirbel hält mich gefangen", jammerte er.
Beinahe wäre der Scheuch, der ja hauptsächlich aus Stroh bestand und folglich sehr leicht war, gleichfalls in den Sog geraten, aber ihm kam die Besonnenheit des Holzfällers zugute. Nur er war so schwer, dass er dem starken Wind widerstehen konnte. Er hielt den Scheuch mit einer Hand fest, erwischte den Hund mit der anderen an den Hinterbeinen und zog ihn in den Gang zurück.
"Wir haben dir doch geraten, vorsichtig zu sein", tadelte er.
"Danke, wuff-wuff, die Höhle sah gar nicht so gefährlich aus", japste der Hund.
Wie zur Bestätigung seiner Worte legte sich der Kreiselwind wieder. Alles war still und friedlich wie vorher.
"Das war wohl der falsche Abzweig", stellte Betty fest, "gehn wir besser in die andere Richtung."
"Der Berg scheint verzaubert zu sein. Wir müssen schnell hier raus", ergänzte der Scheuch.
Sie kehrten um und gelangten erneut zur Gabelung.
"Dann also hier entlang." Jessica war schon unterwegs.
Plötzlich wurde es heller und eine Treppe lag vor ihnen. Sie führte steil nach oben und von dort kam auch das Licht.
"Von einer Treppe war ebenfalls keine Rede", murrte der Scheuch, "trotzdem, hier scheint es ins Freie zu gehen."
Die Stufen reichten weit hinauf, doch es gab nur diesen Weg. Jessica und Knacks liefen voran, aber kaum hatten sie die Treppe betreten, setzte die sich in Bewegung. Quietschend und rasselnd wurden alle bergauf getragen.
Jessica freute sich.
"Das ist mal eine schöne Zauberei! Eine Rolltreppe wie bei uns im Kaufhaus. Bloß dass sie lange nicht geölt wurde."
"Eine Roll... was? Wie soll die hierher kommen?" Der Eisenmann schaute sehr skeptisch drein.
Betty hatte Jessica vor einiger Zeit in der Menschenwelt besucht und wusste Bescheid. Beide erklärten es den anderen, so gut sie vermochten. Was die Rolltreppe hier machte, mitten im Gebirge, konnten sie natürlich auch nicht sagen.
Immerhin war es höchst angenehm, so gefahren zu werden. Mit einem Mal jedoch, sie waren fast oben angekommen, kehrte die Treppe um und beförderte sie wieder nach unten.
"Was geht denn nun los", rief der Scheuch, "warum läuft sie rückwärts?"
"Ist das bei euch im Menschenland auch so?", kläffte Knacks.
Jessica verneinte. Sie hatte keine Ahnung, was passiert war.
Sie probierten es erneut, doch der Vorgang wiederholte sich. Der dritte und vierte Versuch schlugen gleichfalls fehl.
"Eine echte Narrenschaukel", sagte Betty, "die Treppe will uns nicht nach oben lassen."