Ehrlich
das hätte er nicht gedacht
als man ihn damals
vor tausend Jahren
wieder zurück
in die Flasche gebracht
als man ihn listig
wieder gefangen
und sozusagen
ans Kettchen gehangen
das er noch solche
Karriere macht
Ehrlich
das hätte er nicht geglaubt
als man ihm damals
vor tausend Jahren
mit einer Finte
die Freiheit geraubt
als man ihn wieder
eingesperrt
und ihn zurück
hinter Glas gezerrt
dass er noch einmal
sein Geisterhaupt
so voller Stolz
erheben würde
dass ihm gelänge
sich derart zu mehren
dass ihn die Leute
so verehren
würden
ihm so zu
Füßen lägen
dass ihm gelänge
jede Hürde
das heißt jeden Korken
hinwegzufegen
Denn überall
ob zu Haus in der Stille
beim Tête-á-tête
zwischen Dirk und Sybille
ob in der Kneipe
beim Kumpel Beyer
Jahrestag
Wochentag
Frauentagsfeier
selbst bei dem
Autobesitzer Penasche
macht er sich mausig
der Geist in der Flasche
In Westen und Osten
Süden und Norden
wirklich er ist
eine Macht geworden
Freilich es galt
die Methoden zu ändern
nichts mehr mit
jäh aus der Flasche fahren
eitel sich plustern
urplötzlich wachsen
Schluss mit den Faxen
dem leeren Getön
und Pennälergebaren
damit kommt heut
kein Gespenst mehr an
Wer etwas will
pirscht sich vorsichtig ran
schmeichelt sich ein
streichelt gar fein
Duft in die Nase
und Kitzel der Kehle
aber mit Seele
denn mit Gefühl
kommt jeder ans Ziel
Nichts überstürzen
der Abend ist lang
Schon schallt am Tische
froher Gesang
schon stößt Herr Seibt
mit der Zunge an
einer der wenig
vertragen kann
Bei Meister König
merkt man noch wenig
doch Fräulein Ann
mit den Kulleraugen
Grübchen am Kinn
und Schüttelschnitt
singt kräftig mit
Lieder die nicht
für Kinder taugen
legt tüchtig los
setzt sich bei
Ingenieur Balk
auf den Schoß
lässt sich von ihm
an den Busen fassen
während daneben
noch immer gelassen
Meister König
den dreizehnten kippt
bis es ihn plötzlich
vom Stuhle wippt
Das ist der Geist
das ist sein Werk
nun schon ein Riese
anfangs ein Zwerg
scheinbar ein Freund
macht die Klügsten
die Kühnsten
er sich zu Diensten
wickelt sie ein
macht sie ganz klein
macht sie ganz dumm
doch alles andre
als sanft und stumm
lässt sie sich schaffen
macht sie zum Affen
wirbelt sie in der
Stube herum
macht sie zum Kind
armselig bloß
manche für eine Nacht
manche für einen Tag
manche bekommen ihn
nicht wieder los
Das ist der Geist
mächtig und groß
freundlich mitunter
doch hinterhältig
listig verführerisch
tausendfältig
regt er sich
geht auf sein Opfer los
pulvert es auf
macht es vergnügt
bis es zerschmettert
am Boden liegt
Hörst du das
höhnisch glucksende Lachen
kein Funken Mitleid
kein Funken Reue
sieht er dich dann
aus dem Rausch erwachen
rüstet bereits er
wieder aufs Neue
Nicht zu verdrängen
nicht zu besiegen
nie mehr zurück
in die Flasche zu kriegen
Da ist kein Zauberspruch
der ihn bannt
Er ist das stärkste
Gespenst im Land.
*
Auch heute noch braucht mancher Geist die Flasche,
um so richtig groß zu sein.
Schneid ab ein Stück vom Regenbogen
und nagle fest es übers Bett
Steck dir zwei grüne Meereswogen
mit weißen Kronen ans Jackett
Nimm dir das erste Blatt der Linde
und frier es für den Winter ein
Treib auch im Herbst ein wenig Sünde
es wird vielleicht erfrischend sein
Auf Trommel und Trara verzichte
gib acht
dass du mal
unterliegst
Kauf dir kein Auto
kauf Gedichte
von Möckel
FALLS DU WELCHE
KRIEGST!