Und doch ist auch das heutige Konstantinopel, wenn auch nahezu vollkommen alles typisch Orientalischem entkleidet, noch von größtem Reiz. Tage und Wochen kann man durch diese Stadt wandern, ohne je zu ermüden. Stundenlang durchstreifst du die verstaubten, verräucherten Basare im alten Stambul, den sogenannten Ägyptischen und Alten Basar, Böjük Tscharschi. Die Straßen der Handwerker, Drechsler, Tischler, Schmiede, Metallarbeiter, rasseln vom Lärm der Arbeit. In den Basaren der Kaufleute wird umständlich gefeilscht und gehandelt. Schöne Brussa-Seide, zuweilen da und dort ein prachtvoller alter Teppich, eine herrliche alte Wasserpfeife, kunstvoll ziselierte Dolche und Schwerter von bizarrer, gefährlicher Form. Unter den Bäumen dort ein kleines, offenes Kaffeehaus, wo ein Briefschreiber seine Kunden bedient und der braune Kaffeesieder wunderbaren echten Mokka serviert. In einem Speisehaus daneben zischen die am Spieß gerösteten Hammelstückchen über den roten Kohlen. Gestank, Schmutz, Schutt, Tücher, alte Säcke, zuweilen Lumpen sind über die Straße zum Schutz gegen die Sonne gespannt. Hier wird Zucker gekocht und gesponnen, die Wasserverkäufer rufen ihren kühlen Trunk aus. Sie schleppen das Wasser in hölzernen Bütten und Kupfergefäßen auf dem Rücken. Man muss schon noch etwas weiter östlich gehen, bis man auf den biblischen Hammelschlauch stößt, der immer noch benützt wird, wie vor zweitausend Jahren.
Ein Händler mit Orangen, Feigen, Pistazien, Mandeln, Rosinen trägt seinen Laden durch den Basar. Weit über die Grenzen des Landes hinaus aber sind die türkischen Zuckerbäckereien berühmt. Raffinierte Leckereien aus Honig, Nüssen, Mandeln, Kastanien und anderen Ingredienzien. Lokum ist der Name des gerühmten, in Zuckerstaub gerollten Gebäcks, das sich in ganz Kleinasien und auf dem Balkan der größten Beliebtheit erfreut.
Tritt zur Seite, eine Herde von Schafen wird aus einem Hof getrieben. Esel mit großen Säcken kommen durch die Basarstraße. Bringe dich in Sicherheit, zwei schwere Lastautos, Fünftonnenwagen, donnern vorbei, dass die Erde zittert.
Mitten in den Basaren liegen die alten Karawansereien, Chane genannt. Es gab davon früher gegen fünfhundert. Heute befinden sich dort meistens die Magazine der Großhändler, Geschäftsräume und Autogaragen. Die meisten alten Chane verfallen, der Handel hat längst sein Zentrum nach Galata verlegt.