Weihnachtsland und Weihnachtsmonster, Constanze räumt auf und ein Rotkehlchen erzählt – Fünf E-Books von Freitag bis Freitag zum Sonderpreis
(Pinnow 01.12. 2017) Heute ist der 1. Dezember: Nun ist Weihnachten wirklich nicht mehr weit. Und so haben die ersten beiden der fünf Deals der Woche, die im E-Book-Shop www.edition-digital.de eine Woche lang (Freitag, 01.12.17 – Freitag, 08.12.17) zu jeweils stark reduzierten Preisen zu haben sind, mit dem vielleicht wichtigsten und am sehnsüchtigsten erwarteten Fest des Jahres zu tun – aber auf sehr unterschiedliche Weise. Während Karl Sewart uns in sein erzgebirgisches Weihnachtsland einlädt, stellt uns Klaus Möckel gewissermaßen das Gegenteil eines Weihnachtsmannes vor – Kneli, das Weihnachtsmonster, das schreckliche Weihnachtsmonster. Noch nie was von Weihnachtsmonstern gehört? Dann wird es aber Zeit. Schließlich ist es bis Weihnachten nun wirklich nicht mehr weit.
Und vielleicht suchen Sie ja auch noch ein paar Geschenke für liebe Menschen, die lesen? Die drei anderen Deals der Woche lassen sich ebenso gut verschenken wie selber lesen. So erinnert sich die Kunstwissenschaftlerin und Schriftstellerin Ingrid Möller an sehr unterschiedliche Reisen zu DDR-Zeiten, die sie auch ins ferne Ausland führten. Renate Krüger macht uns mit dem nicht ganz einfachen Leben von Mozarts Witwe Constanze und seiner beiden Söhnen Karl und Wolfgang bekannt, die scheinbar nichts weiter geerbt haben, als einen Haufen mit Noten beschriebener, wertloser Papiere. Und wer sich schon kurz vor Weihnachten wieder auf den nächsten Frühling freut, für den kommt „Vogelgezwitscher aus dem Garten am Wald“ von Irma Köhler-Eickhoff gerade recht. Haben Sie eigentlich schon mal einem Rotkehlchen zugehört?
Erstmals 1992 erschien im Chemnitzer Verlag „Christbaum und Pyramide. Ein erzgebirgisches Weihnachtsbuch“ von Karl Sewart: Nirgendwo sonst in deutschen Landen wird das Weihnachtsfest mit so vielen historisch gewachsenen Bräuchen und volkskünstlerischen Zeugnissen begangen wie im Erzgebirge. Schwibbogen und Pyramide, Nussknacker und Räuchermann, Bergmann und Lichterengel - erzgebirgische Weihnachtsfiguren - sie sind heute weltweit bekannt und beliebt. Karl Sewart erzählt in seinem Weihnachtsbuch aus ganz persönlichem Erleben, wie er erzgebirgische Weihnacht und ihr Brauchtum erfahren hat. In aufschlussreichen volkskundlichen Erörterungen geht er den Spuren dieser Bräuche nach. Ein Buch für alle, die sich für das „deutsche Weihnachtsland“ interessieren. Und sein Buch beginnt auch gleich sehr persönlich:
„Wie ich das Schnitzen gelernt habe
„Gahr fer Gahr gieht’s zen Advent of’n Buden nauf, werd ä Mannel aufgeweckt: >Komm, nu stiehst de auf!< ...“
Jahr für Jahr ging es auch bei uns daheim am Vorabend des ersten Adventsonntags auf den Oberboden hinauf, so wie es in dem viel gesungenen Lied vom „Raachermannel“ des Olbernhauer Kantors Erich Lang heißt. Doch wir holten nicht nur ein „Mannel“ herunter. Eine ganze Schar weckten wir aus dem Sommerschlaf auf. Es war eine feierliche Handlung, wenn der Vater die Weihnachtskiste in unserer Bodenkammer öffnete.
Ja, und da standen sie also - noch oder wieder -, unsere Advents- und Weihnachtsgäste, ein jeder auf seinem angestammten „Fleckel“ auf Schrank, Kommode oder Fensterbrettel: der Waldarbeiter mit geschulterter Axt und Säge, der Schwammegeher mit angehängtem Beerkännel und Schwammekorb, der Vogelhändler mit seinen aufgehuckelten Käfigen und Bauern, Briefträger, Feuerwehrmann und Eisenbahner in ihren Uniformen, der Nachtwächter mit Laterne und Hellebarde, der Bäcker mit weißer Jacke und Mütze und der Fleischer im zünftigen weiß gestreiften Hemd, der Schäfer mit seinem breitkrempigen Wetterhut und seinem Hirtenstab, der „Feuerrüpel“ mit Kehrbesen und Kehrzeug, der Seiffener Spielzeughausierer mit seiner Kiepe voller Reifentiere, der Stülpner-Karl mit Flinte und Hund, der Kurrendesänger im Umhang, mit Käppi und Notenblatt, der Rastelbinder, um und um behängt mit „Rattifalli, Mausifalli“, der vornehme Türke mit Turban und Halbmondschuhen ... Ein jeder bekam nun vom Vater sein „Pfeifel“ angezündet, und die Mutter sang dazu:
„Wenn es Raachermannel nabelt,
un es sogt kaa Wort drzu
un dr Raach steigt an dr Deck nauf,
sei mr allzamm su fruh.
un schie ruhig is in Stübel,
steigt dr Himmelsfrieden ro,
doch in Herzen lacht’s un jubelt’s:
Ja, de Weihnachtszeit is do!“
Konnte unsere Weihnachtsvorfreude treffender ausgedrückt werden als durch diese Liedverse? Ja, was wären Advent und Weihnachten ohne das stille Rauchen und Schmauchen der Räuchermänneln für uns gewesen, ohne den zugleich vertrautanheimelnden und feierlichen Duft der Räucherkerzchen, der zur Decke aufstieg und sich in der ganzen Stube verteilte, ohne das traute und gemütliche Beieinandersitzen am Adventsabend? Und erinnerte der Weihrauchduft nicht schon an das Weihnachtsfest selbst, an den Heiligen Abend und an die Christgeburt? Hatten die drei Weisen aus dem Morgenlande dem neugeborenen Jesuskind nicht den Weihrauch als kostbares Geschenk mitgebracht?
Es war wirklich ganz feierlich in unserem Stübel, und der Himmelsfrieden stieg zu uns herab. Selbst zwischen uns Jungen ruhte jeder Zank und Streit, wir saßen still und schauten zu, wie die „Männeln“ „nebelten“. Und im Schein der Kerzen schien es, als ob sie die Rauchschwaden von selber zur Decke hinauf bliesen und zu eigenem Leben erwachten. Jedes hatte seine besondere Gestalt, sein eigenes Gesicht, und jedes hatte seine eigene Geschichte für uns ...
Die Räuchermännchen waren nicht auf einmal in unsere Lehrerwohnung in der Großolbersdorfer Schule gekommen. Unser Vater hatte sie nach und nach angeschafft, als er, als junger Lehrer vom Annaberger Lehrerseminar ins Dorf gekommen, an schulfreien Tagen und in den Ferien noch seine ausgiebigen Wanderungen in die Umgegend gemacht hatte. Von jedem einzelnen Exemplar wusste er eine Geschichte zu erzählen, wie er es, in Annaberg oder Marienberg „oben“ oder in Wolkenstein „drüben“ oder in Lengefeld „hinten“, im Schaufenster eines Spielwaren- oder Kunstgewerbeladens hatte stehen sehen, wie er gar nicht anders gekonnt habe, als einzutreten und das Männel zu kaufen. Auf dem Heimweg hatte er es dann immer gar nicht erwarten können, das Männel aus der Schachtel herauszunehmen, und er ist öfters einmal stehengeblieben und hat sich an dem noch nach frischer Lackfarbe riechendem Männel gefreut, und er hat ihm die Gegend gezeigt und erklärt, und das Männel hat ihm erzählt, wo es herkam, wie es oben im Kammwald in einem Baumstamm versteckt gewesen sei, wie Waldarbeiter den Baum umgemacht hätten, wie der Stamm in die Sägemühle transportiert und dort zerschnitten worden sei und wie die Stücke zu einem Holzdreher nach Seiffen gekommen seien, der es, ohne ihm im geringsten dabei wehzutun, auf seiner Drehbank aus einem der rohen Klötze herausgedrechselt habe ...
Daheim angelangt, wies der Vater dem neuen Männel seinen Platz auf Fensterbrett oder Schrank an und machte es auf dem Oberboden mit seinen schon anwesenden Brüdern bekannt, um es zum Advent herunterholen und ihm sein erstes Pfeifel anzünden zu können. Und noch andere Geschichten wusste der Vater über die Räuchermännchen zu erzählen, Geschichten, die ihren Beruf oder ihr Herkommen anbetrafen. So erfuhren wir Jungen, wie die Menschen in unserer Heimat früher gearbeitet und gelebt hatten und wie auch Leute von weither in unser abgelegenes Gebirge gekommen waren, wie z. B. die Rastelbinder, die aus Draht Küchen- und Hausgeräte herstellten und aus der Slowakei hergewandert kamen, um ihre Waren von Haus zu Haus anzubieten und auch Ausbesserungsarbeiten vorzunehmen.“
Eine ganz andere Begegnung mit dem Thema Weihnachten bescherte, wie schon gesagt, Klaus Möckel seinen Lesern mit dem 2013 bei der EDITION digital original sowohl als gedruckte Ausgabe wie als E-Book erschienenen Buch „Kneli, das schreckliche Weihnachtsmonster“: Alle kennen den Weihnachtsmann, der zum Fest Geschenke verteilt und den Kindern damit viel Freude bereitet. Doch wer ist für die weniger schönen, ja schlimmen Dinge zuständig, die während der Weihnachtszeit auch passieren? Wer lässt den Adventskranz anbrennen, bringt Lichterketten zur Explosion, legt falsche Geschenke unter den Baum, so dass es manchmal sogar zum Streit kommt? Schuld an diesen Übeltaten sind die hierzulande kaum bekannten Weihnachtsmonster, zu denen auch Kneli gehört, ein knallrotes Wesen mit sechs Fingern an jeder Hand und dem Aussehen eines Kartoffelsacks. Als Knelis Vater noch vor dem Fest krank wird, kommt die große Stunde des Monsterjungen. Er darf Papas Aufträge übernehmen und an seiner Stelle Schornsteine verstopfen, Geschenke vertauschen, kurz, alle möglichen Pannen während der Weihnachtszeit vorbereiten. Für Kneli, der durch Wände gleiten und unsichtbar werden kann, geht zunächst auch alles gut. Er erfüllt seine Aufgaben gewissenhaft. Als ihn aber in einer der fremden Wohnungen unversehens eine Katze kratzt, verliert er, ohne es zu merken, seine magischen Fähigkeiten. So kann ihn das Mädchen Naika entdecken, wodurch er in höchste Bedrängnis kommt. Aber Naika, deren Eltern sich getrennt haben, hat noch größere Probleme. Überraschend bittet sie ihn um Hilfe. Allmählich entsteht Freundschaft zwischen Naika und Kneli. Als dann noch zwei Ganoven auftauchen und das Mädchen entführen, steht der Junge vor einer schwierigen Entscheidung. Soll er sich, den Monstergesetzen folgend, aus den Angelegenheiten der Menschen heraushalten, oder soll er Naika helfen, was für ihn und seine magischen Fähigkeiten sehr gefährlich werden kann? Eine humorvoll-spannende Geschichte, nicht nur für Weihnachten! Und so geht es los mit der Geschichte von Kneli, dem schrecklichen Weihnachtsmonster. Also, eigentlich sind da allerdings erst mal Eusebo, der Monstermann, und seine Monsterfrau Ernstina. Ernstina, das ist übrigens die mit der sanften Stimme:
„1. Kapitel
Eusebo, das dicke, knallrote Monster mit den blauen Augen, lag mit einem feuchten Handtuch auf der Stirn im Bett. „Mir ist zugleich heiß und kalt“, jammerte es, „der Hals tut mir weh, und im Kopf dröhnt es, als würde ein ganzes Orchester Musik machen. Mit Pauken und Trompeten! Das kalte Tuch nützt überhaupt nichts. Mir ist so schlecht, ich glaube, ich muss sterben.“ Eusebo war ein Monstermann mittleren Alters. Seine Frau Ernstina nahm ihm das Handtuch ab und ersetzte es durch einen Eisbeutel.
„Unsinn", erwiderte sie mit einer Stimme, deren Sanftheit man ihrer unförmigen Gestalt nicht zugetraut hätte. „Du hast dir zwar eine Erkältung zugezogen, die wir nicht auf die leichte Schulter nehmen dürfen, aber mit meiner und Doktor Ungetüms Hilfe wirst du es überstehen. Trink nur schön deine heiße Schokolade, dann wird es dir bald besser gehen.“
Eusebo schüttelte sich. „Brrr! Immer wenn mir etwas fehlt, verordnet mir der Quacksalber dieses süße Gebräu. Als ob er nicht genau wüsste, dass unsereinem so etwas absolut zuwider ist. Kannst du mir nicht eine Flasche Lebertran bringen oder wenigstens eine Tasse Essig? Ich hab solchen Appetit auf einen Schluck Scheußliches.“
„Der Doktor ist alles andere als ein Quacksalber, und Essig oder Lebertran machen die Sache nur schlimmer“, erklärte die Frau. „Du willst doch nicht ewig hier liegen. Wenigstens zur Jahresendversammlung solltest du wieder auf den Beinen sein. Das schickt sich für jedes Weihnachtsmonster, und wir haben bisher stets teilgenommen.“
Das schien Eusebo einzusehen. Gehorsam trank er einen Schluck Schokolade, auch wenn er dabei angewidert das Gesicht verzog. Dann erst fiel ihm an den Worten seiner Frau etwas auf. Erschrocken hob er den Kopf. „Zur Jahresendversammlung erst? Das geht nicht, ist ganz unmöglich. Spätestens in drei Tagen muss ich wieder fit sein!“
„Das schaffen wir nie. Dr. Ungetüm meint ...“
„Ganz egal, was er meint“, unterbrach sie der Mann, „du weißt, dass in drei Wochen Weihnachten ist. Gerade in diesem Jahr habe ich besonders schöne Aufträge bekommen. Wie soll ich mich der Versammlung präsentieren, wenn ich sie nicht erfülle. Ich mache mich zum Gespött sämtlicher Ungeheuer der näheren und weiteren Umgebung!“
„Erstens“, sagte seine Frau, „macht sich niemand, der uns kennt, über einen Kranken lustig, und zweitens wird wohl in diesem Fall irgendein Kollege deinen Dienst übernehmen können. Übrigens ist das Unheil allein durch deine Schuld entstanden. Hättest du nicht - betrunken, wie du warst und nur um deiner neuen Sekretärin zu imponieren - nach dem Betriebsfest kürzlich im eiskalten Moorloch gebadet, wäre das alles nicht passiert.“
„Aber das ist es ja gerade“, stöhnte Eusebo. „Wenn das die Kollegen erfahren, bin ich bis in meine schwarze Seele hinein blamiert.“
„Dann streite es ab, serviere ihnen eine deiner Lügen. Darin bist du doch Meister.“
„Sie werden es durchschauen“, stöhnte das knallrote Monster. „Meine Schwindeleien wirken nur bei den Menschen. Könntest nicht vielleicht du an meiner Stelle ...?“
„Ich denke nicht daran“, erwiderte Ernstina entschieden. „Die Suppe löffle gefälligst selber aus. Ich hab genug mit Mutter zu tun; sie wird in letzter Zeit recht wunderlich. Brät das Schlangenfleisch mit kostbarem Zauberfett, erkennt ihre Nachbarn nicht mehr und beschimpft den Hausmeister als Menschenfreund. Man kann sie kaum noch allein lassen.“
„Aber die Aufträge“, jammerte Eusebo wieder.
Das war nun wirklich ein Problem, denn diese Arbeit musste getan werden! So viel man nämlich auch über die guten Taten des Weihnachtsmannes und des Christkindes weiß - dass es die Weihnachtsmonster gibt und sie gleichfalls eine Menge zu erledigen haben, ist weitgehend unbekannt. Möglicherweise hängt das mit ihrem für uns wenig angenehmen Wirken zusammen, wir reden lieber von dummen Zufällen, nehmen die Wahrheit einfach nicht zur Kenntnis. Dessen ungeachtet gehören die Streiche der Monster zum Fest wie Braten und Kerzenschein.
Oder stimmt es etwa nicht, dass um diese Zeit herum jedes Jahr Adventskränze brennen, Christbäume umstürzen, das falsche Geschenk auf dem Gabentisch liegt, Streit wegen Kleinigkeiten in so mancher Familie entsteht? Für all diese Misslichkeiten aber sind genau jene Ungeheuer zuständig, die sich Weihnachtsmonster nennen. Sie unterscheiden sich kaum von ihresgleichen, zeichnen sich lediglich durch ihre rote Farbe, eine Zapfennase und ein Flackern in den Augen aus, das an rußende Kerzen erinnert. Im übrigen sind sie einfach unförmig und hässlich. Das allerdings empfinden nur wir so, sie selbst halten sich durchaus für wohlgeformt und schön.
Eusebo beklagte also seine Lage, fand aber keine Lösung und sank entkräftet aufs Lager zurück. „Das wird eine Katastrophe, ein glatter Reinfall, mein schlimmstes Weihnachten seit Monstergedenken", murmelte er.
Seine Frau verließ achselzuckend das Zimmer, sie wollte und konnte ihm nicht helfen. Doch wie es manchmal so geht, nahte unverdientermaßen Beistand von anderer Seite. Kaum hatte sich Ernstina entfernt, flog jäh die Schranktür auf, und eine muntere Stimme rief: „Nimm die Sache nicht gleich so tragisch, Papa, ich bin auch noch da. Wenn du willst, helfe ich dir aus der Patsche.“
Mit einem Ächzen richtete sich Eusebo ein zweites Mal auf. „Wie oft habe ich dir schon verboten, durch den Schrank in die Wohnung zu kommen, Kneli! Das kannst du bei den Menschen machen, aber nicht bei uns. Anscheinend hast du deine Mutter und mich belauscht. Wie lange steckst du schon da drin?“
„Gar nicht lange. Es war nur, weil ich euch nicht stören wollte. Außerdem krieg ich die Haustür immer nicht auf. Sie geht so schwer.“
Erstmals 2004 hatte Ingrid Möller, Jahrgang 1934, im Schweriner Thomas Helms Verlag ihr autobiografisch angelegtes Buch „Reisefieber – Fieberreisen“ veröffentlicht: In diesem Rückblick skizziert die Autorin ihr Leben unter dem Aspekt des Reisens unter DDR-Bedingungen. Was zunächst beneidenswert scheint wie Aufenthalte in Mexiko und Japan erweist sich als nicht frei von Tücken. Komisches steht neben Absurdem, Begeisterndes neben Schockierendem, etliches bewegt sich an der Grenze dessen, was damals legal war, und manches scharf am Rande des Abgrunds. Hier ein Ausschnitt aus der Zeit der beruflichen Anfänge von Frau Möller:
„Weiterreichende Wünsche und Träume - das Studium
Als die Bewerbungsunterlagen fürs Studium abgegeben werden mussten, stand für mich fest: Kunstgeschichte sollte es sein. Und zwar in Berlin bei Prof. Richard Hamann. Meine Familie fiel aus allen Wolken. Verständlicherweise. Erstens war es extrem unvernünftig, einen so brotlosen Beruf haben zu wollen nach den Jahren des Darbens, wo sich alles um Essen und Trinken drehte. Zweitens auch noch in Preußen, wo doch Rostock näher lag und auch eine Universität hatte. Wenn es wenigstens Hamburg gewesen wäre, aber das ging ja nun nicht mehr! Wie kam ich nur auf solche Flausen?! Das hatte man wirklich am allerwenigsten damit bezweckt, als man meine kulturellen Interessen förderte. Durch Klavierunterricht, Lob über mein Zeichentalent, Kauf von kunstgeschichtlichen Büchern. Warum nur wollte ich ihnen das antun!
Trotz langer Diskussionen blieb ich dabei. Ich hatte Hamanns „Geschichte der Kunst“ gelesen und war fasziniert über seine Fähigkeit, große zeitliche und geografische Zusammenhänge herzustellen, die Kunst als Ganzes zu sehen. Ihm schien alles gleich vertraut zu sein, egal ob Felsmalereien der Urgeschichte, Monumentalstatuen des ägyptischen oder vorderasiatischen Altertums, griechische Tempel und Idealplastiken oder römische Triumphbögenreliefs und Herrscherbildnisse, mittelalterliche spirituelle Bilder oder lebensnahe Renaissancegemälde ... Alle Facetten der Kunst wusste er treffend in ihren Besonderheiten zu erfassen, als sei es ganz selbstverständlich, als müsse jeder Betrachter es sehen und die gleichen Schlüsse ziehen. Gewiss kannte er das alles aus eigener Anschauung. Also musste er viel gereist sein, sehr viel. Und das konnte er jederzeit auch jetzt noch, denn sein fester Wohnsitz war in Marburg. Er las jeweils ein Semester dort und das zweite eben an der Berliner Humboldt-Universität. Somit ignorierte er die Teilung Deutschlands und war prominent genug, das zu dürfen.
Als die Zusage kam, dass ich zum Studium angenommen war, jubelte ich. Auf nach Berlin! Doch - dort angekommen - deprimierte mich die kaputte Stadt. Überall graue Steinhaufen. Trümmer über Trümmer. Auch wir Studenten mussten unsere Aufbaueinsätze ableisten. Da wurden die Ziegelsteine, von denen wir den Zement abklopfen mussten, von Stein zu Stein immer schwerer. Abends schmerzten die Handgelenke. Den Marx-Engels-Platz empfand ich keineswegs als gestalteten Platz, sondern als Vakuum, und mich selbst darauf klein wie eine Ameise. Wie spannend auch die reichlich angebotenen Vorlesungen waren, wie gierig ich auch all das Neue aufsog, an den Wochenenden zog es mich nach Haus. Trotz langer Bahnfahrt. Hauptsache, wieder Farbe sehen, grüne Wiesen und Wälder und heile Häuser. Doch eigentlich war das Hin-und Herfahren zu anstrengend. Auch stellte sich heraus, dass um Berlin auch Grün war. Am Wannsee, am Müggelsee, an der Dahme. Und bunt waren schließlich auch die vielen Ausstellungen, ungewohnt die modernen in den Westsektoren.
Es wehten Eindrücke herüber aus anderen Erdteilen. Aus Amerika. Aus Indien. Von der Südsee. Und natürlich aus den Ländern, die als Wiege unserer Kultur gelten: Griechenland, Italien, Frankreich. Nicht nur Kunstausstellungen wurden besucht. In Dahlem gab es schließlich daneben das Völkerkundemuseum. Und den Botanischen Garten mit den tropischen Gewächshäusern, die den Duft der entfernten Welten ganz unmittelbar verströmten.
Zum Studium gehörten ganz selbstverständlich auch Exkursionen. Doch die blieben innerhalb der Grenzen der DDR. Der Klassenausflug nach Thüringen war dagegen ein harmloser Vorgeschmack gewesen. Jetzt grenzte es an Drill. Jeder hatte ein Referat vorzubereiten und vor dem Objekt zu halten. Egal, welche Kältegrade im alten Gemäuer waren. Ich erinnere mich an eine winterliche Fahrt zum Thema „Norddeutsche Backsteingotik“, die sehr dazu beitrug, mir diese eigentlich wunderschöne Architektur auf Jahre hinaus zu vermiesen. Der Seminarleiter im Feldherrnschritt vorneweg und absolut ohne Verständnis für den Wunsch nach Verschnaufpausen. Wir froren erbärmlich. (Obgleich uns das Frieren geläufig war von den kaum geheizten Vorlesungssälen.)“
Erstmals 1979 brachte der VEB Deutscher Verlag für Musik Leipzig den ausgezeichnet recherchierten, spannend geschriebenen und für die Neuherausgabe nur geringfügig überarbeiteten Roman „Wolfgang Amadés Erben“ von Renate Krüger heraus: Wenn auch Mozart mit Einsetzen der Handlung nicht mehr am Leben ist, so ist er doch durch seine Leistungen als Wunderkind, Virtuose und Komponist in den Erinnerungen seiner Familie und seiner Freunde als geistiges Zentrum dauerhaft präsent. Die Erben: das ist seine Frau Konstanze, der er zwei Söhne und ein zunächst wertloses Papiererbe hinterlässt und die nun versuchen muss, ihrem Leben einen neuen Inhalt zu geben. Die beiden Söhne Karl und Wolfgang sind durch Namen und künstlerische Hinterlassenschaft des Vaters vorbelastet und müssen sich damit auseinandersetzen. Karl verzichtet auf den Künstlerberuf und somit auf Erfolg und Ehre und findet seinen Frieden in der unbeachteten Anonymität eines kleinen Beamten, Wolfgang aber zerbricht an der Belastung.
Wenige Jahre nach Mozarts Tod melden weitere Erben ihre Ansprüche an: Verleger, Sammler, Kunstfreunde, Biografen, wenig später auch das geschäftstüchtige Bürgertum des biedermeierlichen Salzburg und Wien, das sich des großen Sohnes erinnert und mit seinem Namen und Andenken eine nachhaltige Konjunktur anzukurbeln versteht. Den Freunden Mozarts und seiner Kunst bleibt es vorbehalten, seine Biografie und sein verstreutes Werk zusammenzutragen, zu sammeln, zu ordnen und vor der Mitwelt auszubreiten. Einer dieser ernsthaften Erbepfleger ist Ludwig von Köchel, pensionierter erzherzoglicher Erzieher, auf der Suche nach einer Lebensaufgabe. Dieser liberale Humanist erarbeitet mit der Hilfe von gleichgesinnten Freunden und seines einstigen Pfleglings und jetzigen Sekretärs, des rebellischen Alois Hegereiter, in über zehnjähriger fleißiger Forschertätigkeit ein Verzeichnis der Werke Mozarts. Im zweiten Kapitel treffen wir Konstanze beim Aufräumen und Überlegen, wie es weitergehen soll:
„Einige Monate nach jenem grauen Dezembertag, an dem Wolfgang Amadé zu Grabe getragen wurde, ist Constanze Mozart fähig, die Hemden und Anzüge aufzuräumen, die Halstücher und Strümpfe, die Westen und Haarbeutel. Diese Sachen sind nicht viel wert, nur auf 55 Gulden geschätzt; Constanze würde freilich gar kein Geld mehr herausschlagen können. Vielleicht fände sie jemanden, etwa eine mütterliche Nachbarin, die aus Wolfgangs Anzügen Höschen und Jäckchen für den Karl schneidern könnte, wenigstens für den Karl. Der Kleine, Franz Xaver Wolfgang, Wowi genannt, ist noch kein Jahr alt und vorläufig mit Kleidchen versorgt; er kann ja in die Kleider des Bruders hineinwachsen.
Wann wird sie wieder Geld haben, um neue Sachen kaufen zu können? Täglich wird alles teurer. Eine Witwe mit zwei kleinen Kindern und ohne Vermögen kann da nicht mithalten. Alle anderen Kinder werden wärmer und hübscher gekleidet gehen als ihre beiden Buben. Bei fremden Leuten werden sie sich durchschlagen müssen, frühzeitig lernen, ihre Füße unter fremde Tische zu strecken. Das ist nun einmal so bei Musikantenwaisen. In der großen Welt sind die geistigen Kinder der Künstler beliebter und angenehmer, die kraftvollen Erfindungen, die Schönheit der Melodien, dargeboten mit höchster Geschmeidigkeit und Beweglichkeit der Finger. Wer fragt nach den leiblichen Kindern und ihrem Wohlergehen? Und vor allem wer fragt nach ihr, der Witwe?
Die Kinder werden ihren Weg schon finden. Kinder haben es leichter. Sie sind klein und niedlich. Schnell erobern sie alle Herzen. Den achtjährigen Karl wollen die Prager Freunde aufnehmen. Sie werden ihn mit allem versorgen, was er zum Leben braucht, mit Essen, Trinken, Kleidung, Lehrern und vor allem mit Musik. Und vielleicht wird man später auch den Kleinen liebevoll in der goldenen klingenden Stadt an der Moldau aufnehmen. Sie müsste nur vorsichtig genug anfragen. Der Name Mozart gilt ja in Prag mehr als in Wien.
Doch was wird aus ihr selbst? Eine alternde Witwe … Das hat ihr die Mutter gesagt, die alt und bitter gewordene Cäcilia Weber. Constanze kann sich nicht zu gemeinsamer Einsamkeit mit der Mutter entschließen. Sie fürchtet sich davor, noch einmal von der Mutter verheiratet zu werden. Eigentlich war die Ehe mit Wolfgang der Plan der Mutter gewesen. Dass diese Ehe dann einen anderen, glücklichen Weg ging, war nicht das Verdienst der Mutter. Und darüber war Cäcilia Weber böse.
Was nützte der Tochter jetzt die Kunst und die Liebeserinnerung? Hätte sie eine Metzgerei oder auch nur einen Milchladen, so wäre die Sache halb so schlimm. Erstens wirft ein solcher Laden genug ab, dass man davon leben könnte. Zweitens wären gewiss ältere Witwer oder Junggesellen der Überzeugung, man dürfe eine Frau mit einem solchen Gewerbe nicht allein lassen, es sei viel zu schwer für sie. Man müsse sie von dieser Last befreien, indem man sie von der Stelle weg heirate. Und sie, Constanze, brauchte ja nicht jeden zu nehmen. „Ich bin nicht solch ein undankbares, ungetreues Weib!“, hat sie der Mutter entgegengehalten. „Ich denke nicht schon jetzt ans Heiraten, kaum, dass der Wolferl unter der Erde ist …“
Doch wie soll es weitergehen? Sie kann sich nicht auch noch nach Prag einladen lassen. Sie erinnert sich mit gemischten Gefühlen an die Stadt an der Moldau, in der Wolfgang sich so wohl fühlte. An die Villa Bertramka, in der sie bei den Duscheks wohnten. An die gemalte Balkendecke, unter der Wolfgang so gut arbeiten konnte und unter der sie, Constanze, neben der Frau des Hauses ein Nichts war, obgleich die berühmte Sängerin Josepha Duschek sich so freundlich zeigte. Lieber denkt sie an Professor Niemetschek vom Kleinseitner Gymnasium. Ein freundlicher, ein hilfsbereiter Mann. Doch was nützt das alles?
Aus ist es mit der Kunst. Denn eine Musik, die nur auf dem Papier steht, ist eben keine Musik mehr, wenn sie niemanden findet, der ihr zum Klingen verhilft. Alle diese Notenblätter, diese flüchtigen Skizzen, ausgeführten Stimmen und sorgfältig zusammengeschriebenen Partituren kommen ihr jetzt wie eine schöne Erinnerung vor, wie ein Brief, der niemals mehr vorgelesen wird. Ein wertvolles Andenken.
Nur noch denken, nichts mehr hören kann sie, während sie die Noten durchblättert. Sie weint über der Entdeckung, dass ihr kein Ton entgegenkommt, dass alle ihre Erinnerungen ohne Melodien bleiben, wiewohl sie viele Erinnerungen hat und wiewohl im Hause Mozart nichts geschah, was nicht mit Tönen, Akkorden, Melodien, Rhythmen und wechselnden Harmonien verbunden war. Die schwarzen Zeichen sind nur kalligrafische Schnörkel einer raschen und zielbewussten Hand, die dem Strom, der sich durch sie drängte, niemals Widerstand entgegensetzte. Die selbst mitformte, mitschwang, mitsang.
Constanze war niemals müde geworden, die Hand ihres Mannes beim Arbeiten, Schreiben und Spielen zu beobachten. Wolfgang war kein schöner Mann gewesen, doch eine schönere Hand als die seine hat sie nie gesehen. Jede Bewegung des Leibes und des Geistes prägte sich auch in dieser Hand aus. Klein war sie, zierlich, nervig und kräftig. Sie besaß nicht nur eine durch die Natur gegebene Kraft, sondern auch eine durch Übung und Erziehung erworbene. Diese Hand war aller Lautstärken fähig. In ihr lebte das zarteste Pianissimo ebenso wie das kräftigste Forte, das Legato wie das Staccato. Constanze kann sich jetzt leichter an die Hand erinnern, die alle diese Noten schrieb, als an die Klänge und Empfindungen, die in ihnen verborgen liegen.
Nun hält sie ein Taschenbüchlein in grünem, blumengemustertem Pappeinband in der Hand, Rücken und Ecken sind von Leder, um dem Büchlein Dauerhaftigkeit zu sichern. Ein Bändchen, geeignet für verliebte Verse oder empfindsame Abendgedanken. Doch für solchen Luxus hatte Wolfgang niemals Zeit gehabt. Er spielte, arbeitete, komponierte. In dieses Büchlein hatte er alle seine Kompositionen eingetragen, genau und ordentlich, fast wie ein Schulmeister. Er hatte eben doch Pedanterie vom Vater geerbt, der immer wieder mahnte, die Noten nicht zu verschleudern, nur bestes wasserfestes Notenpapier zu benutzen und mit unauslöschlicher Tinte zu schreiben. Constanze hatte sich die Ohren zugehalten, wenn sie solche Reden hörte. Und was nützt nun das pedantische „Verzeichnüß aller meiner Werke vom Monath Februario 1784 bis Monath …?“
Wolfgang hatte damit gerechnet, dass er selbst noch das Abschlussdatum einsetzen könnte, ehe er ein neues Heft begann, ein Verzeichnis neuer, noch erfolgreicherer Kompositionen, die ihm Ruhm und Anerkennungen eingebracht hätten, eine einträgliche angemessene Anstellung und vor allem Geld ... Geld für die wichtigsten Lebensbedürfnisse und noch darüber hinaus. Geld für Badeaufenthalte mit komfortabler Wohnung. Geld nicht nur für Bier, sondern auch für Champagner. Was alles hätte er noch auf diese vierzehn leeren Seiten von rastriertem Papier eintragen können! Konzerte und Opern für die große Gesellschaft. Lieder für den Hausgebrauch. Nichts davon … Nun musste Süßmayr kommen und als letzte Komposition das Requiem einschreiben, das er zu Ende komponiert hatte, weil der Wolferl nicht mehr konnte. Ein Requiem, ausgerechnet eine Totenmesse … nein, das nicht! Der Süßmayr soll nicht kommen. An der letzten Stelle dieses grünen Büchleins soll kein Requiem stehen.“
Erst vor wenigen Wochen erschien bei der EDITION digital der mit vielen Fotos versehene Band „Vogelgezwitscher aus dem Garten am Wald“ von Irma Köhler-Eickhoff – und zwar sowohl als gedruckte Ausgabe wie als E-Book. Worin es darum geht, das hören wir von der Autorin selbst: Mit dem „Garten am Wald“ hatten wir uns rund um unser Wohnhaus ein kleines Refugium geschaffen, in dem wir im Laufe der Jahre immer wieder von unseren „Mitbewohnern“ überrascht wurden. Die Tiere, die der Gartenteich angelockt hatte, fühlten sich genauso wohl dort wie wir. Besonders viele Vögel hatten sich bei uns eingefunden. Wir staunten über ihre Vielfalt, beobachteten die Amseln, die ihre Kräfte beim Zusammentragen des Nistmaterials fast überschätzt hatten und litten später mit ihnen, als ihr Nest ausgeraubt wurde. Wir brachten eine kleine Blaumeise fast zur Verzweiflung, weil wir ihre „Hilferufe“ lange nicht deuten konnten, zitterten mit der kleinen Schwalbe, die Angst vor dem Fliegen hatte, hielten mit dem Rotkehlchen die Luft an, als es beobachtete, wie sich eine Ringelnatter einen Frosch aus dem Teich holte, und vieles mehr. Doch lassen wir die Vögel selbst erzählen.“ Und genau so soll es auch hier geschehen:
„Über den Schnabel geschaut
Ein Rotkehlchen erzählt
Heute ist schon der 11.März. Auch jetzt um die Mittagszeit ist es noch frostig kalt und die Zweige der Bäume sind immer noch voller Reif. Ich fliege gerne zu der großen Birke auf dem Nachbargrundstück, heute aber möchte ich die weiße Pracht nicht zerstören, wenn ich durch die Zweige fliege. In den letzten Nächten war es wieder besonders kalt, da genügte es auch nicht, wenn ich mich dick aufplusterte und unter das Efeu kroch. Ich fror, auch wenn ich mich immer tiefer in mein gut gepolstertes Nest drückte.
Jetzt wird es aber Zeit, dass ich mich euch vorstelle: ich bin das Rotkehlchen aus dem Garten am Wald. Vor einigen Jahren schon habe ich hier einen geschützten Platz für mein Nest gefunden. Unter den Blütensträuchern ist alles dick mit Efeu zugewachsen. Darunter konnte ich mein Nest gut verstecken.
Auch im vergangenen Herbst flog ich nicht mit meiner großen Rotkehlchen-Familie in den Süden, sondern blieb über den Winter gerne hier im Garten, denn hier werden wir Vögel täglich gefüttert. Mit Äpfeln für die Amseln, Sonnenblumenkernen für die Spatzen und alle anderen Vögel, die die Kerne gerne mögen. Ich picke von allem etwas auf, mag aber besonders gerne das Weichfutter, das extra für mich ausgestreut wird. Zu Beginn des Winters war ich noch sehr schüchtern, ließ mich oft von den anderen Vögeln vertreiben. Von Tag zu Tag aber wurde ich mutiger, lernte von den Anderen und behauptete mich, denn schließlich habe ich genau so viele Rechte wie die anderen Vögel, mich an den vier Futterstellen in unserem Garten satt zu essen.
Habe ich schon erwähnt, dass ich ab und zu Familie Kleiber beobachte, wenn sie zu den Futterplätzen kommt? Jetzt weiß ich auch, wo sie wohnt. Neulich sah ich die Eltern ganz elegant unter einen Ziegel am Wohnhausgiebel schlüpfen. Dort hörte ich auch schon regelmäßige Klopfgeräusche, fast wie bei den Spechten, nur wesentlich leiser. Auch andere Gäste kommen zu uns in den Garten, weil hier genug Futter für uns alle ausgestreut wird. Gesehen habe ich Grünlinge, Stieglitze und ein Rotschwänzchen. Auch die Spatzenfamilie wird immer größer. Heute freue ich mich über den Zaunkönig, ein Dompfaffpaar und die Buchfinken. Schön, dass so viel Besuch kommt, und wir alle satt werden. Aber es wäre mir lieber, wenn es bald Frühling würde, damit wir unsere Nester ausbessern und neu polstern können. Es wird Zeit, an die Familienplanung zu denken.“
Und damit sind wir auch schon wieder am Ende unseres vorweihnachtlichen Newsletters angelangt und hoffen, es war auch für Sie etwas dabei – etwas zum Verschenken oder etwas zum selber Lesen. Apropos Geschenke. Immer wieder gern wird gerade zu Weihnachten ein ganz bestimmtes Gedicht von Joachim Ringelnatz zitiert. Und deshalb soll es auch hier am Ende unseres ersten Dezember-Newsletters stehen:
Schenken
Schenke groß oder klein,
aber immer gediegen.
Wenn die Bedachten
die Gaben wiegen,
sei Dein Gewissen rein.
Schenke herzlich
und frei.
Schenke dabei,
was in Dir wohnt
an Meinung, Geschmack
und Humor,
so dass die eigene
Freude zuvor
Dich reichlich belohnt.
Schenke mit Geist
ohne List.
Sei eingedenk,
daß Dein Geschenk
Du selber bist.
In diesem Sinne viel Vergnügen beim Lesen und beim Schenken!